Selbstvergewisserung - Ich darf so sein wie ich bin

Ins Lebenslot: Selbstvergewisserung - Ich darf so sein wie ich bin
Bild: H. Maskulinski

     

 

Selbstvergewisserung - Ich darf so sein, wie ich bin

Kennen Sie das, gut meinende Menschen versuchen Sie zu ermutigen: Sei wie Du bist.

 

Puh, wie bin ich denn?

Wer bin ich? Oder wie Richard David Precht in einem seiner Bücher fragt: "Wer bin ich und wenn ja, wie viele?“ 

 

 

Mit mir selbst auf Du und Du

An guten Tagen bin ich mit mir selbst auf Du und Du, an "schlechten" Tagen hadere ich mit mir. Früher haderte ich eine Zeitlang mit Gott und der Welt.

 

Die Frucht

Eine Frucht meiner Auseinandersetzung war meine 1. Staatsarbeit mit dem Thema: Das Theodizeeproblem bei Plotin und Augustinus, also die Rechtfertigung Gottes. Damit es für die LeserInnen nicht zu langweilig würde, köderte mich mein Professor mit folgender Idee: Ihre unterschiedlichen Positionen in Form eines fiktiven Dialoges zu schreiben. Das tat ich dann auch.

 

Eine Einsicht, die sich bei mir dadurch verstärkte, war bzw. ist, dass Gott nicht schuld an den Miseren ist, sondern der Mensch, der seinen freien Willen aus egoistischen und kurzsichtigen Motiven missbraucht, um anderen Menschen Leid anzutun. Er beurteilt und bewertet alles aus seiner persönlichen subjektiven Sicht. Was meine ich damit?

 

Der Skorpion ist was er ist

Augustinus benutzt das Bild des Skorpions zur Veranschaulichung. Der Skorpion ist weder gut noch schlecht. Er ist einfach ein Lebewesen und in seiner Natur liegt es, wenn er sich zum Beispiel bedroht fühlt, zu stechen. Nur weil die Folgen des Stiches für den Menschen schmerzhaft und im ungünstigsten Fall tödlich sind, ist er dennoch nicht böse. Es ist meine subjektive Beurteilung und Bewertung, die ihn böse und hinterhältig nennt.

 

Die wunderbare Fähigkeit, unterscheiden zu können

Wir sind als Menschen - aus meiner Sicht - vernunftbegabte Wesen, die die wunderbare Fähigkeit besitzen, zwischen Person und Tat zu differenzieren. Wir verurteilen die Tat, aber wie - nicht nur Jesus, sondern auch andere Weisheitslehrer und Lehren und auch unser Rechtssystem - uns auffordern, unterscheiden wir zwischen den Tätern und der Tat.

 

Wie Verletzungen heilen

Worauf will ich hinaus?

Die Erkenntnisse und Erfahrungen, dass wir in der Lage sind zu unterscheiden, hat mir schon oft geholfen und hilft mit dabei, die Verletzungen heilen zu lassen. Das war und sind meine spirituellen und philosophischen Anker. Aspekte meines Seins. Weitere Erkenntnisse und Erfahrungen wurden mir in den letzten Jahren durch meine diversen therapeutischen Ausbildungen zuteil.

 

Zwei Welten prallen aufeinander

Da ich eher zu der verkopften Sorte Mensch gehöre, stellten das Zulassen meiner Gefühle eine große Herausforderung dar.

 

Bei anderen Gefühle wahrzunehmen, sie anzunehmen und sie durch Gefühlsprozesse leiten, kein Thema. Mich auf mein Gegenüber einzustellen, ihn anzunehmen wie er oder sie ist, hatte ich quasi mit der Muttermilch eingesogen.

 

Aber meine Gefühle, welche mich selbst betrafen, zuzulassen, sie zu spüren, phasenweise in meinem Leben ein No go für mich. Ich analysierte die Situation, schaute sie mir an, konnte genau sagen, warum, wieso, weshalb und rationalisierte, aber verweigerte mich zu fühlen.

 

Das war viel zu gefährlich, zu chaotisch, zu irrational, zu bedrohlich und entsprach so gar nicht meinem Selbstbild. Was mich selbst betraf, wollte ich alles andere als weich, verletzlich und gefühlvoll sein. Beim bloßen Gedanken schüttelte es mich.

 

„Einsame Wölfe“ eine faszinierende Spezies

Ich bewunderte einerseits die „einsamen Wölfe“, die mit präzisen, messerscharfen Analysen die Emotionen anderer auseinander nahmen. Andererseits schluckte ich und empfand Mitleid mit den derart Auseinandergenommenen und atmete heimlich erleichtert auf, das ich verschont blieb.

 

Meine Selbstreflexionsfähigkeit wurde mir von mir wichtigen Menschen wie zum Beispiel meiner ehemaligen Doktormutter bestätigt, was mich bestärkte und sehr wichtig für mich war. Aber ich und Gefühle: zwei Welten prallen aufeinander.

 

Mein Körper schlägt Alarm

Natürlich war ich einer Illusion erlegen, was mein Körper mir mal mehr mal weniger deutlich zeigte. Nur ich sperrte mich quasi mit Händen und Füßen gegen die Erkenntnis und Botschaft. Einen Zusammenhang zwischen meinem Körper und meiner Seele schob ich weit von mir. Wenn mein Körper zu mir sprach, hatte ich auch „objektiv nachweisbare“ Krankheitsbeschwerden: Herzmuskelentzündung, Lungenentzündung, beidseitige Netzhautablösung.

 

Der Körper wirklich nur ein Gefängnis der Seele?

Bei anderen war ich sehr gut in Zusammenhängen erkennen aber bei mir selbst durfte nicht sein was ist. Ich war gefangen im platonischen Denken: Der Körper ist das Gefängnis der Seele.

 

Mich faszinierte Plotin, der die Bedürfnisse seines Körpers zugunsten seiner geistigen Arbeit vernachlässigte und vergaß. Der vergeistigte Mensch war mein Ideal, quasi ein körperloses Geistwesen, aber bitte nicht in die Niederungen des Lebens hinabsteigen und sich mit Gefühlsverwirrungen und -irrungen auseinandersetzen und plagen. Brr, wie gruselig?! Aufgelöst in chaotischen Gefühlswelten, allein der Gedanke brachte mich zum Erschauern.

 

Sie haben vollkommen Recht

Ich vermute, ich weiß, was Sie jetzt denken und Sie haben vollkommen Recht. Erschauern? Gruselig? Brr? Das sind doch alles Ausdrücke hochgradiger Emotionalität. Ja, sind sie auch, aber mein Verstand, mein Ego rationalisierte das kurzerhand weg. Ein Schlüsselerlebenis, auf das ich in meinem nächsten Blog eingehe, brachte für mich die Wende.

 

Wie stehen Sie zu Ihren eigenen Gefühlen? Ich möchte Sie einladen, mal darüber nachzudenken. Vielleicht haben Sie Lust, Ihre eigene bunte, vielgestaltige Gefühlswelt zu entdecken bzw. mal wieder in ihre Gefühlswelten zu verreisen. Es lohnt sich wirklich.

 

 

Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit

 

herzlich Hildegard Maskulinski 

 

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